SPD Fredersdorf-Vogelsdorf

"Stoiber und Oettinger verhalten sich wie süddeutsche Separatisten"

Veröffentlicht am 15.08.2005 in Wahlen

Matthias Platzeck (SPD) hat den Ostbonus, der Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) abhanden kommt: Brandenburgs Ministerpräsident im Interview der Welt am Sonntag
von Florentine Anders

Matthias Platzeck (SPD) gilt im Bundestagswahlkampf als Geheimwaffe des Bundeskanzlers. Die "Welt am Sonntag" sprach mit dem Ministerpräsidenten über sein Verhältnis zu Gerhard Schröder, die Äußerungen Schönbohms und Stoibers und die Probleme im Osten des Deutschlands.

Welt am Sonntag: Herr Platzeck, Sie müßten doch eigentlich frohlocken angesichts der abfälligen Äußerungen von CSU-Chef Edmund Stoiber über die frustrierten Wähler im Osten. Ist das nicht eine Steilvorlage für Ihren Wahlkampf?

Matthias Platzeck: Daß sich die Union mit solchen Äußerungen keine Freunde macht, ist klar. Aber meine Freude darüber ist sehr begrenzt. Hier werden die Menschen ganzer Regionen gegeneinander aufgewiegelt. Aber nichts würde Deutschland mehr schaden als ein Richtungswahlkampf West gegen Ost. Ich bin in großer Sorge.

Welt am Sonntag:Sind die Gräben zwischen Ost und West tatsächlich tiefer geworden?

Platzeck: Es ist jetzt müßig über die Tiefe von Gräben zu spekulieren. Ich fürchte, daß hier Dinge ins Rutschen kommen. Deutschland ist seit 15 Jahren vereinigt, aber es ist noch immer nicht wirklich vereint. Nun versucht die Union zum ersten Mal, einen Teil Deutschlands gegen den anderen auszuspielen. Das ist verantwortungslos und unpatriotisch.

Welt am Sonntag:Edmund Stoiber setzt eine Diskussion fort, die Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm begonnen hat. Wie reagieren Sie denn darauf innnerhalb der Koalition?

Platzeck: Die Kollegen Stoiber und Oettinger verhalten sich wie süddeutsche Separatisten. Sie wollen oder können die Menschen im Osten nicht verstehen. Und sie arbeiten damit offen gegen ihre eigene Spitzenkandidatin. Schönbohm hat sich entschuldigt - das müssen Stoiber und Oettinger auch.

Welt am Sonntag:Beim Landesparteitag der SPD in Brandeburg an der Havel hatte der Kanzler die Freundschaft zu Ihnen geradezu zelebriert. Sind Sie in diesem Wahlkampf Schröders Mann für den Osten?

Platzeck: Ich würde das nicht überbewerten. Daß ich mich besonders für und in Ostdeutschland engagiere, hat auch etwas mit meiner Vita zu tun und mit meiner Sozialisation. Ich kenne die Probleme der Menschen hier, und da liegt es nahe, daß ich mich für deren Belange besonders einsetze.

Welt am Sonntag:Könnten Sie sich vorstellen dies künftig auch in einer neuen Bundesregierung in Berlin zu tun?

Platzeck: Schwerpunkt meines Tuns ist und bleibt Brandenburg. Erst vor einem Jahr haben mir die Wähler ihr Vertrauen ausgesprochen. Deshalb sind alle Fragen in diese Richtung gegenstandslos.

Welt am Sonntag:Und wie schätzen Sie die Möglichkeit einer großen Koalition auf Bundesebene ein?

Platzeck: Große Koalitionen in Land und Bund sind zwei verschiedene Dinge. In Berlin stehen andere Fragen an. Stellen Sie sich nur eine große Koalition bei der Entscheidung über den Irakkrieg vor. Die wäre geplatzt. Aber ich halte es prinzipiell so, über Koalitionen erst am Wahltag ab 18 Uhr zu reden. Bis dahin liegt mein Schwerpunkt darin, Wahlkampf für die eigene Partei zu machen.

Welt am Sonntag:Medienberichten zufolge haben Sie aber eine große Koalition schon als denkbar bezeichnet. Üben Sie nach Schröders öffentlicher Kritik jetzt Parteidisziplin?

Platzeck: Nein, ich wurde seinerzeit gefragt, ob ich eine große Koalition an sich für Teufelszeug halte. Das tue ich natürlich nicht, ich stehe ja selbst einer vor. Aber noch mal: Auf Bundesebene stehen andere Entscheidungen an und ich mag mir ein Koalieren dort, so wie das Wahlprogramm der CDU aussieht, überhaupt nicht vorstellen.

Welt am Sonntag:Wie wollen Sie denn bei all den Schreckensmeldungen aus Brandenburg Aufbruchstimmung bei den Wählern erzeugen?

Platzeck: Die Schreckensmeldungen kommen derzeit wohl eher aus Bayern. Aber wenn Sie auf das Umfragehoch der sogenannten Linkspartei abzielen, erinnere ich nur daran, daß wir vor einem Jahr bei unserem Landtagswahlkampf nach Meinungsumfragen weit abgeschlagen lagen. Die Spitzenkandidatin der PDS wurde in ihren Kreisen schon mit "Frau Ministerpräsidentin" angeredet. Am Ende lagen wir vier Prozent vor der PDS. Heute ist die Grundstimmung sogar günstiger. Die Menschen sind zwar skeptisch, aber aufnahmebereit für Argumente.

Welt am Sonntag:Mit welchen Argumenten können Sie denn überzeugen?

Platzeck: Die wichtigsten Themen sind für die Menschen hier die Erhöhung der Mehrwertsteuer und das Schröpfen der Pendlerpauschale - jeder zweite Brandenburger wäre davon betroffen. Intensive Diskussionen gibt es außerdem zu den Kopfprämien im Gesundheitswesen, zum Kündigungsschutz und zur Mitbestimmung von Gewerkschaft in den Betrieben. In diesen Themen unterscheiden sich SPD und CDU gravierend. Ich bin mir sicher, wir haben die überzeugenderen Lösungen

Welt am Sonntag:Ist Hartz IV in diesem Wahlkampf ein Tabu-Thema?

Platzeck: Es bleibt natürlich ein Thema, nur ist es nicht mehr das Bestimmende, wie im vergangenen Jahr.

Welt am Sonntag:Dennoch ist Hartz IV ja ein Faktor für die Unzufriedenheit der Menschen in Brandenburg.

Platzeck: Auch gegen Unzufriedenheit kann man eine Wahl gewinnen, wenn man deren Ursachen offensiv angeht.

Wir haben zwei entscheidende Schwachpunkte in der Reform kritisiert: Zum einen die Zuverdienstmöglichkeiten, zum anderen den nicht erklärbaren Unterschied im ALG II in Ost und West.

Den ersten Punkt konnten wir bereits ändern, und im Wahlmanifest haben wir jetzt mit Zustimmung von Gerhard Schröder klar formuliert, daß es bei einem Sieg der SPD keine Unterschiede beim Arbeitslosengeld II in Deutschland mehr geben wird.

Welt am Sonntag:Was raten Sie denn Bundeskanzler Gerhard Schröder für den Wahlkampf in den kommenden Wochen in Ostdeutschland?

Platzeck: Sie können sicher sein, daß wir intensiv miteinander reden. Ost-Interessen spiegeln sich ja auch im Wahlmanifest wieder. Die Fortsetzung des Stadtumbaus und der Investitionszulage beispielsweise. Die Fortführung des Solidarpaktes gehört natürlich auch dazu.

Welt am Sonntag:Und für wie sinnvoll würden Sie eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei - bei einem entsprechenden Wahlergebnis am 18. September - halten?

Platzeck: Ich sehe da keine Möglichkeit. Dafür gibt es erstens keine größere Schnittmenge in der Programmatik. Deren Vorschläge sind größtenteils nicht links, höchstens schräg und außerdem nicht finanzierbar. Wenn alle Steuervorschläge der Linkspartei greifen würden, entstünde ein Loch von fast 80 Milliarden Euro. Und zweitens: Unabhängig davon müßte es bei den handelnden Personen eine Möglichkeit für ein Miteinander und eine Verläßlichkeit geben. Das sehe ich nicht.

Das Gespräch führte Florentine Anders

Artikel erschienen am 14. August 2005

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